Seit Jahren erfreut sich der Begriff „Gutmensch“ steigender Beliebtheit - vorwiegend in konservativen und rechtspopulistischen Kreisen. Als politisches Schlagwort wird das Wort abwertend verwendet, um Andersdenkende zu diskreditieren. Der Sinn des Wortes wird dabei in ironischer Weise in sein Gegenteil verkehrt. Haltungen und Meinungen, die auf moralischen und ethischen Grundlagen basieren, werden als naiv, unkritisch und utopisch abgestempelt.

Ich denke, es ist an der Zeit, die abwertende Aufladung des Wortes zu hinterfragen und den Begriff neu zu besetzen. In was für einer Gesellschaft leben wir, in der der Begriff des „guten Menschen“ negative Konnektionen hervorruft? In der Leute, die Waffenlieferungen an Saudi Arabien verneinen, verächtlich als „Gutmenschen“ bezeichnet werden?

Ist jemand verblendet, der den Export von Waffen an ein Regime verneint, das Menschenrechtsverletzungen begeht, weil er Arbeitsplätze im eigenen Land „gefährdet“? Solche Haltungen haben nichts mit übertriebener politische Korrektheit, nichts mit naiv-verblendeter Gutgläubigkeit zu tun, sondern basieren auf Ethik und Werten, die vielen Menschen abhanden gekommen zu sein scheinen.

Dies ist ein Plädoyer für eine Neubesetzung des Begriffs „Gutmensch“, für die Verwendung des Wortes als Selbstbezeichnung anstelle einer Fremdzuweisung. Für ein wortwörtliches Verständnis des Begriffs; für ein Handeln auf ethischen Grundlagen, ein Handeln fernab von Friede-Freude-Eierkuchen und oberflächlichem missionarischen Eifer mit der Moralkeule. Ein Handeln, das kritisches Denken voraussetzt und naives Schwarz-Weiss-Denken und falsche Toleranz hinter sich lässt.

Ich möchte ein Gutmensch sein.